
Neuer Job im alten Betrieb
Eine Sehbehinderung muss nicht zwangsläufig zum beruflichen Aus führen – wie Ullrich Bodsch eindruckvoll beweist: Über 20 Jahre arbeitete der Diplomingenieur für theoretische Elektronik in der Prototypenentwicklung bei der Jenaer MAZET GmbH. Doch eine fortschreitende Augenerkrankung machte diese visuell sehr anspruchvolle Tätigkeit immer schwerer. Weil das Unternehmen aber nicht auf das Know-how seines Mitarbeiters verzichten wollte, setzte man sich mit der Deutschen Rentenversicherung und den Experten aus dem BFW Halle an einen Tisch, um gemeinsam zu überlegen, wie Ullrich Bodsch trotz des Verlustes der Sehkraft im Betrieb verbleiben konnte. Die Lösung: eine individuelle Arbeitsplatzanpassung. Bereits im Vorfeld erlernte er im BFW die Brailleschrift und den Umgang mit speziellen Blindenhilfsmitteln – und ein persönlicher Trainer unterstützt ihn bei seinen neuen beruflichen Aufgaben. Heute ist er wieder voll im Betrieb integriert – ein Gewinn für beide Seiten.

Mister 100 Prozent
„Ich fühle mich in unserem Team pudelwohl“, betont Telefonist Stefan Rost freudestrahlend. Dabei sah es lange beruflich nicht gut aus für den gebürtigen Weimarer. Nach seiner Ausbildung konnte er beruflich zunächst nicht Fuß fassen. Trotz etlicher Bewerbungen hagelte es Absagen. Für die Wende sorgten Karola Meißner und Rena Kesten vom Regional-Center Erfurt des BFW Würzburg – sie stellten für den blinden Mann den Kontakt zur Thüringer Landesfinanzdirektion her. Dort hatte man keine Berührungsängste und lud den Arbeitssuchenden zum Vorstellungsgespräch ein. Während eines Langzeitpraktikums überzeugte der 29-Jährige mit seiner Leistung so sehr, dass man ihm nahtlos einen Arbeitsvertrag anbot. Als dieser in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mündete, feierte das ganze Team mit dem Kollegen. „Stefan Rost hat die sich ihm bietende Berufschance zu 100 Prozent genutzt“, freuen sich auch die Integrationsexpertinnen.

Neue Perspektive
„Alles, was im Leben geschieht, hat seinen Sinn“, ist Ghani Atiqi überzeugt. Seit 12 Jahren lebt der gebürtige Afghane mit Retinitis pigmentosa, einer Netzhauterkrankung, die langfristig zur Erblindung führen wird. „ Auch wenn es komisch klingt, aber für mich hatte die Krankheit auch etwas Gutes, denn ohne sie wäre ich heute nicht dort, wo ich bin“: Eine Ausbildung zum Masseur und eine Weiterbildung zum Physiotherapeuten im BFW Mainz ebnen dem heute 43-Jährigen, der lange als Servicekraft in der Gastronomie tätig war, den Weg in einen Beruf, der ihn rundum glücklich macht. „In meinem Job in einer Spezialklinik für Schmerzpatienten kann ich mit meiner Gabe Menschen wirklich helfen und das macht mein Leben noch wertvoller.“ Diesen Optimismus spüren auch die Patienten: „Ihr positives Feedback ist eine Belohnung für mich und ein Zeichen, dass ich alles richtig gemacht habe.“

Chance genutzt
25 Jahre arbeitete Uwe Mülders als Offset-Druckermeister, doch dann führte eine schleichende, irreparable Schädigung des Sehnervs zum beruflichen Aus. Doch damit wollte er sich nicht abfinden. Im Gespräch mit seiner Reha-Beraterin erfuhr er vom Berufsförderungswerk Düren, ließ sich dort eingehend beraten und begann mit 48 Jahren eine Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten. Eine neunmonatige, NRW-spezifische Landesqualifizierung schloss sich an. Das Gute daran: Ein Arbeitsplatz im Landesdienst war garantiert. Und so arbeitet Uwe Mülders seit Mai 2012 beim Regierungspräsidenten Köln als Sachbearbeiter im Bereich der Abfallwirtschaft. Seine Fazit im Rückblick: „Das BFW war und ist eine gute Chance, sich beruflich auch als Älterer neu zu positionieren. Ich bin froh, dass ich sie genutzt habe.“